Ein Fallbeispiel aus dem
Krankenhaus (Download
Fallbeispiel Krankenhaus )
Wer zu den Personen gehört, die sich in
einer schleichend eskalierenden Mobbing-Situation auf einmal als
Opfer wieder gefunden haben, benötigt externe Hilfe, die sinnvollerweise
als Hilfe zur Selbsthilfe gegeben werden sollte.
Aus der (viel zu) großen Auswahl an Fallbeispielen geben wir
hier ein weiteres anonymisiertes Beispiel mit der darauf erfolgten
Antwort:
"Sehr geehrtes Klima-Team,
ich arbeite seit über zwei Jahren auf
einer Intensivstation als Krankenpfleger, ich wollte damals gezielt
auf diese Station, weil mir das Arbeitsklima dort als sehr gut erschien.
Nun, seit knapp einem Jahr geht dies so langsam, aber sicher, den
Bach hinunter. Es ist für mich nicht deutlich nachvollziehbar,
warum, aber das anfangs noch fast freundschaftliche Verhältnis
untereinander wandelte sich mehr und mehr in ein Gegeneinander.
Es ist eine Gruppierung entstanden, die, so habe ich den Eindruck
gewonnen, das Sagen hat auf Station, und zugleich auch von der Stationsleitung
gefördert und geschützt wird.
Leider ist es aber auch so, dass nun natürlich auch die MitarbeiterInnen
alle gleich sind, und manche eben gleicher: Während die einen
für Dinge gemaßregelt werden, können andere - stets
dieselben - in einer Art Narrenfreiheit - tun und lassen, was sie
wollen. Ließen sie mich nun einfach nur arbeiten und nach
8 Std. wieder heimgehen, so wäre mir das Ganze auch noch egal,
aber eben das lässt man mich nicht. Da ich eine zumindest nach
außen hin starke Persönlichkeit darstelle und ich auch
fachlich nicht angreifbar bin, auch gerne meine Meinung sage, muss
man mich eben anders attackieren. So dichtet man mir Probleme im
Privatleben an, meine Frau habe ein Verhältnis, die unterschiedlichsten
Gerüchte werden verbreitet, teils völlig unsinnige fachliche
Dinge (gegen die ich mich schon erfolgreich gewehrt habe) wurden
genannt, diverse Äußerungen von mir wurden mir im Munde
herumgedreht und den Leitungskräften zugetragen, die dies natürlich
auch willig aufgesaugt haben bei einem so unbequemen Mitarbeiter.
Mittlerweile bin ich von einem Mitarbeiter, der eigentlich nur arbeiten
will, zu einem Mitarbeiter avanciert, der "alles blockiert"
und "immer stänkert" und dem "halt nichts passt".
Selbst damit kann ich noch umgehen, wobei ich schon merke, dass
die Phasen, die ich zur Erholung benötige, länger werden,
und die Zeit, die ich mit meiner Frau über die Arbeit spreche,
immer länger (zu lang) wird. Auch habe ich schon Gewicht abgenommen,
und der Schlaf ist auch nicht mehr das, was er mal war.
Vor kurzem nun hat mich eine Kollegin, welche ich der genannten
Gruppe, welche von der Leitung geschützt wird und nahezu sämtliche
Freiheiten genießt, öffentlich vor versammelter Mannschaft
und vor der Stationsleitung eine "Kollegensau" und ein
"Egoschwein" genannt. Mir fiel dabei die Kinnlade runter,
aber ich habe noch relativ sachlich und cool reagiert, in mir ist
seither aber der Teufel los.
Bieten lassen will ich mir das nicht, und deshalb habe ich einen
Brief an die Stationsleitung verfasst, in dem ich mich über
das Verhalten beschwert habe. Die genannte Kollegin bat ich ja sogar
noch anschließend zu einem Gespräch, aber sie wollte
sich weder entschuldigen noch interessierte sie sich für eventuelle
Konsequenzen ihrer Handlung - klar, sie wird ja auch gedeckt.
... Ich allerdings weiß: Schicke ich diesen Brief ab, habe
ich gar keine ruhige Minute mehr und nur noch Hölle auf Erden,
schicke ich ihn nicht ab, dann freuen sie sich genauso, und all
das wird wieder und wieder passieren.
Und ich selbst möchte am liebsten vier Wochen in der Versenkung
verschwinden und eine Pause einlegen und dann wieder auftauchen,
und alles wäre gut. Meine Nerven liegen blank, ich bin überreizt,
schlafe nicht mehr richtig, wiege nichts mehr, habe die Arbeit 24
Stunden bei mir und kann mich auch bei vier freien Tagen nicht mehr
erholen. Schon beim Denken an die Arbeit liege ich hellwach im Bett.
So, jetzt habe ich Ihnen aber eine ganz riesige Geschichte auf den
PC geschrieben, aber ich bin froh, dass ich das außer meiner
Frau mal einer unabhängigen Stelle erzählen konnte.
Es wäre schön, wenn Sie mir einen Rat in meiner Angelegenheit
geben könnten, und ich bedanke mich auch schon ganz herzlich
für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen"
Darauf lautete unsere Antwort:
Mit unserem Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe"
möchte ich den Rat verbinden, die krankmachenden Bedingungen
durch Führen eines sogenannten Mobbing-Tagebuchs sachlich zu
belegen und die Vorgesetzten an ihre Fürsorgepflicht zu erinnern.
Dem Arbeitgeber wird es sicher nicht recht sein, wenn Sie sich wegen
nicht länger zu ertragendem Mobbing 14 Tage krank schreiben
lassen, nach 10 Tagen aber bereits wieder arbeiten, weil Sie zu
Hause schnell wieder gesund sind. Sobald nach wenigen Stunden oder
Tagen das Mobbing wieder aufflammt, entweichen Sie dem wieder durch
Krankschreibung für 14 Tage, um erneut nach 10 Tagen bei der
Arbeit zu erscheinen mit der Rückmeldung, ohne die krankmachenden
Bedingungen sind Sie schnell wieder topfit. Kein Arbeitgeber wird
solche wiederholt auftretenden mobbingbedingten Krankschreibungen
für wirtschaftlich vertretbar halten, sondern gegen das Mobbing
vorgehen.
Sie können meine Antwort auf Ihr Schreiben gern ausdrucken
und dem Arbeitgeber mit der Aufforderung überreichen, sich
mit KLIMA e. V. in Verbindung zu setzen, wenn Sie das Gefühl
haben sollten, mit Ihrer Beschwerde nicht ernst genommen zu werden.
Die grundsätzlich äußerst berechtigte Sorge, hinterher
werde alles noch viel schlimmer, lässt sich mit der vorgeschlagenen
Reaktion entkräften.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Alfred Fleissner
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Fallbeispiel Krankenhaus 
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